Vorbeugen statt `Hartzen

MdB Karl Schiewerling mit dem Leiter des Nottulner Martinistifts, Stefan Jochems, vor der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Jochems war Gast beim Schwerpunktthema „erbende Sozialhilfe“. Mit im Bild ist die stellv. Vors. der Unions-Fraktion Ilse Fa
MdB Karl Schiewerling mit dem Leiter des Nottulner Martinistifts, Stefan Jochems, vor der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Jochems war Gast beim Schwerpunktthema „erbende Sozialhilfe“. Mit im Bild ist die stellv. Vors. der Unions-Fraktion Ilse Fa
Initiative von MdB Karl Schiewerling: CDU/CSU-Bundestagsfraktion hört Expertenrunde zu „Sozialhilfe-Dynastien“

Leiter des Nottulner Martinistift sachkundiger Gast bei Fraktionssitzung

Berlin / Nottuln. „Vorbeugen statt `Hartzen´“ – so könnte für MdB Karl Schiewerling ein griffiges Lösungsmotto für eine besondere sozialpolitische Herausforderung lauten. Das Problem, für das Fachleute Ausdrücke wie „Sozialhilfe-Dynastien“ oder „erbende Sozialhilfe“ benutzen, ist einfach beschrieben: Immer mehr Kinder und Jugendliche leben bereits in mehreren Generationen nacheinander von staatlichen Transferleistungen. Weniger einfach sind die Lösungen, den Trend zu stoppen oder gar das wachsende Problem in den Griff zu bekommen. Dieses Fazit zog eine Expertenrunde auf, die auf Initiative des Arbeitsmarkt- und Sozialpolitikers Schiewerling die CDU/CSU-Bundestagsfraktion informierte. Mit dabei als Gast war auch der Leiter des Nottulner Martinistifts, Stefan Jochems. Das Martinistift betreut rund 200 Jugendliche in schwierigen Lebenssituationen, darunter sind auch etliche straffällige junge Leute.

Die Experten aus der Praxis warnten vor weitreichenden Folgen für Staat und Gesellschaft, falls die Kette der „erbenden Sozialhilfe“ nicht unterbrochen werde. Eine Lösung könne nur über mehr Hilfestellungen und Förderung für die Kinder erfolgen. „Verlässliche Strukturen und Hilfestellungen sowie Investitionen in die Bildung sind dabei die wesentlichen Schlüssel“, unterstützte der Nottulner Jochems die Meinung der Experten-Kollegen im Saal der CDU/CSU-Fraktion im Berliner Reichstag. Für ihn und die anderen Praktiker bestehe bei diesem Ansatz zudem die Chance, über die Hilfe für die Kinder auch den Eltern neue Perspektiven zu geben.

Die Experten beschrieben diese „Sozialhilfe-Dynastien“ aus Großstädten wie Berlin, München, Berlin oder auch Bochum mit ersten Anzeichen einer Ghettoisierung. Aber: „Auch in ländlichen Regionen wie bei uns im Münsterland richten sich inzwischen einige Menschen generationsübergreifend auf einen Verbleib im Transfersystem ein. Hier allerdings derzeit noch nicht offen sichtbar“, wie MdB Schiewerling die Erfahrung von Fachleuten vor Ort zitierte.

Die betroffenen Kinder und Jugendlichen erleben staatlichen Transfer als „langfristige und absolute Lebensnormalität“. In ihrer jungen Lebenswirklichkeit haben sie nie kennen gelernt oder „live“ erlebt, dass Eltern oder Großeltern, Freunde oder Bekannte morgens zur Arbeit gehen, zum Erwerb des Unterhalts aus dem Haus gehen und so das Einkommen für sich und ihre Familie sichern. Sie kennen, so beschrieben es einige der Fachleute, nur den „Einkommensweg Sozialgeld“, schon fast gefolgt vom „Berufsbild Hartz IV“. Als besonderes Problem bezeichneten die Fachleute, dass die Kinder und Jugendlichen deshalb kaum eigeninitiativ eine Änderung ihres eigenen Lebensweges herbeiführen können oder z.T. sogar nicht wollen. Sie richten sich mental in ihrer bekannten und vertrauten Transfer-Welt ein, in der sie sozialisiert wurden.

Für die Politik stellen die „Sozialhilfe-Dynastien“ gleich zwei Herausforderungen dar: Zum einen gesellschaftspolitisch, zum anderen gerade auch finanzpolitisch. „Wenn diese `Normalität Transfer-Leben´ nicht schnell und nachhaltig durchbrochen wird, werden die Sozialsysteme bald nicht mehr zu finanzieren sein. Und dabei möchte ich noch nicht einmal die gesellschaftlichen Szenarien an die Wand projizieren, wenn diese Milieus noch stärker zunehmen. Dann erfährt eine Debatte über Jugendkriminalität noch ganz anderen Druck“, sagte MdB Karl Schiewerling, der am Ende der Diskussion zusammenfasste: „Wir dürfen kein Kind verloren geben.“

Lösungsansätze diskutierten die Experten mit den Politikern natürlich auch: den betroffenen Familien sollten vernetzte Hilfestrukturen angeboten werden. Übergeordnetes Ziel: Hilfe zur Selbsthilfe. Und besonders wichtig für die Kinder: Raus aus der „Transfer-Denke“ ihres Milieus, eine aktive Begleitung dahin, die Chancen von Lernen und Bildung aktiv zu nutzen, und „neue“, nämlich „normale“ Lebensmodelle aufgezeigt bekommen. „Nur über den gezielten Ansatz und Einsatz bei den Kindern und Jugendlichen können wir ein Anwachsen dieser schwierigen Klientel mittelfristig verhindern und vielleicht sogar umkehren. Deshalb das Schlagwort `Vorbeugen statt Hartzen`“, betonte MdB Schiewerling, der auf eines besonders verwies: „Aufgrund des demografischen Wandels braucht der Arbeitsmarkt der Zukunft alle heutigen Kinder – wir müssen ihre Begabungen und Fähigkeiten wecken und fördern.“

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